Eine ländliche Region, in der sich links und rechts der Autobahn 20 die Dörfer aneinanderreihen – es sind aber keine "normalen" Dörfer mehr, denn sie versorgen sich mit eigener Bioenergie. In allen Häusern kommt die Heizungswärme aus im Dorf erzeugter Bioenergie, ebenso der Strom für die Steckdose – jetzt noch eine große Vision, um von Erdöl, Erdgas und anderen fossilen Brennstoffen unabhängig zu werden. "Ja, noch ist das eine Vision", sagt Heiko Boje von der Regionalplanung der Kreisverwaltung. Doch Bioenergie sei das Thema der Zukunft. "Wir wollen eine Bioenergieregion entwickeln, in der nicht jeder allein kämpft, sondern ein ganzes Netzwerk entsteht." Bürgermeister und Mitarbeiter aus Ämtern des Landkreises hörten im Informationsworkshop aufmerksam zu. "Es ist eine enorme Chance, auch mit wirtschaftsförderndem Charakter", betont Boje. Er rechnet vor: Für Strom, Wärme und Kraftstoff werden pro Jahr und Einwohner rund 2000 Euro ausgegeben. Das Geld fließt weg aus der Region. "Unser Ziel ist, 1000 Euro an Wertschöpfung durch Bioenergie-Kreisläufe hier zu behalten", betont Boje. Das stärke Region und Wirtschaft. Entscheidend sei ein auf jedes künftige Bioenergiedorf zugeschnittenes "Qualitätsgutachten" – das wird teuer, aber Gemeinden können dafür Fördermittel nutzen. Nordwestmecklenburg sei ackerbaulich eine hervorragender Standort für Biomasse, sagt Holger Görtemöller von der Landgesellschaft MV. Das gehe aus einer Analyse hervor, die der Landkreis in Auftrag gab. Silomais biete hier das absolut größte Energiepotenzial. "Wir halten 20 bis 25 neue Biogasanlagen in den nächsten drei Jahren für möglich", erklärte Görtemöller. "Wir stehen zu klassischen Hofbiogasanlagen." Würde die Mais-Anbaufläche verdoppelt, könnten sogar 55 Biogasanlagen im Landkreis versorgt werden. Görtemöller verweist jedoch auf einige „Aber“: Anbaufläche für Silomais lässt sich mit Rücksicht auf die Fruchtfolge nicht beliebig erhöhen; wegen der guten Böden für den Marktfruchtanbau ist das Interesse der Landwirte für Biomasse vergleichsweise niedrig. Und: Zunehmend macht sich fehlende Akzeptanz der Bevölkerung für Biogasanlagen breit. Die führe aus seiner Sicht zu Bauverzögerungen, Wertschöfpungsverlusten und gefährde Arbeitsplätze. Boje betont: "Man muss von Ort zu Ort differenzieren, welche Möglichkeiten es gibt". Bertold Meyer, Bürgermeister von Bollewick, das schon weit nach vorn zum Bioenergiedorf gekommen ist, weiß um die Bedenken: "Wenn es praktikabel ist, eine Menge an Energiegebühren gespart werden kann, werden die Leute über den Gartenzaun schauen und es nachmachen". Wichtig sei anzufangen, ob ein Dorf dann gänzlich energieautark werden könne, sei noch ganz was anderes. Berthold Meyer ist bei der Akademie für Nachhaltige Entwicklung MV als Koordinator tätig. In diesem Jahr wird angestrebt, "50 plus" Dörfer in das Bioenergieprojekt einzubeziehen. Projektkoordinatorin im Landkreis ist Yvonne Rowoldt in der Grevesmühlener Kreisverwaltung. Am 2. und 3. Juni wird zum nächsten Info-Workshop in die Malzfabrik eingeladen.